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Vegetarische und vegane Ernährung in der Schwangerschaft – geht das?

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Im Jahr 2015 lebten in Deutschland etwas mehr als fünf Millionen Menschen, die weitgehend oder völlig auf Fleisch verzichten, rund 850.000 von ihnen praktizierten eine strikt vegane Lebensweise. Vor allem junge Frauen entscheiden sich oft schon früh für den Verzicht auf tierische Produkte – und stehen irgendwann vor der Frage, ob eine vegetarische oder vegane Ernährung in der Schwangerschaft wirklich angemessen ist.

Eine vegetarische oder vegane Lebensweise gilt als gesund und ethisch – der Trend dorthin hat sich in den vergangenen Jahren immer stärker durchgesetzt. Vegetarismus und vor allem Veganismus in der Schwangerschaft sind unter Experten jedoch nach wie vor umstritten. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung rät von einer strikt veganen Lebensweise in der Schwangerschaft ausdrücklich ab. Aus Sicht vieler Frauenärzte ist Veganismus in der Schwangerschaft zwar nicht komplett unmöglich, jedoch in der Umsetzung sehr schwierig. Deutlich entspannter geht die US-amerikanische Akademie für Ernährung und Ökotrophologie – ein Berufsverband, dem rund 67.000 Ernährungsexperten angehören – mit diesem Thema um. Seine Mitglieder halten eine vegane Ernährung in jeder Lebensphase, also auch in Schwangerschaft und Stillzeit, mehrheitlich für völlig unbedenklich.

Angesichts solcher gegensätzlicher Positionen stehen schwangere Vegetarierinnen und Veganerinnen vor der Frage, ob sie mit ihrer Ernährung sich und ihrem Baby schaden können. Angebracht sind solche Befürchtungen jedoch nur bei einer extrem einseitigen Ernährung, die in unseren Breiten so gut wie keine Rolle spielt. Ansonsten gilt: Mit einer bewussten Ernährungsplanung kommen Sie und Ihr Baby auch gut durch eine „vegane Schwangerschaft“.

Vegetarische Ernährung in der Schwangerschaft – problemlos möglich

Völlig unproblematisch in der Schwangerschaft ist eine ovo-lacto-vegetarische Ernährung. Wenn Sie bewusst auf Fleisch verzichten, jedoch Eier und Milchprodukte zu sich nehmen, erhält Ihr Körper alle Nährstoffe, Vitamine und Spurenelemente, die für Sie und für eine gesunde Entwicklung Ihres Babys unverzichtbar sind. Bei einer vegetarischen Ernährung ohne Fisch ist vor allem eine ausreichende Jodversorgung wichtig. In größeren Mengen findet sich Jod vor allem in Seefisch und Meeresfrüchten – ein guter Ersatz dafür ist jodiertes Speisesalz. Omega-3-Fettsäuren sind unter anderem in hochwertigen Pflanzenölen wie Lein-, Raps- oder Olivenöl enthalten.

Als Nahrungsergänzungsmittel in der Schwangerschaft benötigen Ovo-lacto-Vegetarierinnen vor allem Folsäure (Vitamin B9, B11, Folat) sowie – ausschließlich nach Absprache mit ihrem Arzt – eventuell Jod und Eisen. Auch die zusätzliche Einnahme von Vitamin B12 kann sinnvoll sein.

Vegane Ernährung in der Schwangerschaft – mit bewusster Planung

Etwas anders sieht es bei einer veganen Ernährung aus, bei der auf tierische Produkte komplett verzichtet wird. Wichtig für Veganerinnen ist in der Schwangerschaft eine besonders abwechslungsreiche Ernährung mit vielen unterschiedlichen Lebensmitteln.

Falls Sie sich für eine vegane Lebensweise entschieden haben, werden Sie auf Nahrungsergänzungsmittel neben der für alle Schwangeren obligatorische Folsäure nicht komplett verzichten können. Wichtig sind insbesondere zusätzliche Gaben von Vitamin B12, das vor allem in Fleisch, Eiern und Milchprodukten vorkommt, in pflanzlichen Lebensmitteln jedoch kaum enthalten ist. Im Handel gibt es beispielsweise mit Vitamin B12 angereicherte Frühstückscerealien und Vitamin-B12 -Getränke auf pflanzlicher Basis. Eine optimale Versorgung mit diesem Vitamin erreichen Sie jedoch am besten durch die Einnahme eines Vitamin-B12- oder Vitamin-B-Komplex-Präparates. Die Vitamine des B-Komplexes wirken als sogenannte Coenzyme und sind damit an zahlreichen Stoffwechselvorgängen beteiligt, Vitamin B12 spielt unter anderem für die Blutbildung eine wesentliche Rolle. Eine Unterversorgung mit diesem Vitamin kann in der Schwangerschaft zu schweren Entwicklungsstörungen des Kindes führen.

Ebenso wie Ovo-lacto-Vegetarierinnen sollten Veganerinnen außerdem auf eine gute Versorgung mit Jod und Eisen achten.

Weitere wichtige Nährstoffe in der Schwangerschaft

  • Proteine
  • Ein häufig geäußertes Argument gegen eine vegetarische oder vegane Lebensweise in der Schwangerschaft besteht darin, dass werdende Mütter hierdurch nicht genügend Eiweiß zu sich nehmen, die das Baby für sein Wachstum dringend braucht. Jedoch sind neben Milch und Eiern auch viele pflanzliche Lebensmittel hervorragende Eiweißlieferanten. Hierzu zählen beispielsweise Hülsenfrüchte, Kartoffeln und Getreide. Mit Ausnahme von Soja ist der Anteil essentieller Aminosäuren in pflanzlichen Lebensmitteln geringer als in tierischen Produkten. Essentielle Aminosäuren sind Substanzen, die für den Stoffwechsel unverzichtbar sind, vom menschlichen Körper jedoch nicht produziert werden können und folglich mit der Nahrung aufgenommen werden müssen. Einen relativen Mangel daran gleichen Veganerinnen durch eine möglichst große Bandbreite an pflanzlichen Lebensmitteln aus.

    Für Ihre Mahlzeiten kombinieren Sie am besten unterschiedliche Proteinquellen – pflanzliche Produkte, Milch und Eier – miteinander. Veganerinnen ersetzen Milch und Ei durch Sojaprodukte (Tofu, Seitan, Tempeh), Reis- und Mandelmilch, Hafersahne sowie Hülsenfrüchte. Beispielsweise lässt sich nicht nur aus Tofu, sondern auch aus Kichererbsen leckeres vegetarisches „Rührei“ produzieren. Getreide, Nüsse, Sonnenblumenkerne, Qinoa und Chiasamen enthalten nicht nur wertvolle pflanzliche Proteine, sondern auch Ballaststoffe, Fettsäuren und komplexe Kohlenhydrate.

  • Kalzium
  • Im Verlauf der Schwangerschaft steigt der Bedarf an Kalzium kontinuierlich an. Das Spurenelement ist für das Wachstum und die Skelettentwicklung des Kindes sowie die Zahngesundheit der Mutter wichtig. Ovo-Lacto-Vegetarierinnen nehmen Kalzium durch Milch und Milchprodukte zu sich. Milch, Käse und Joghurt sollten in der Schwangerschaft täglich genossen werden. Pflanzliche Kalziumquellen sind beispielsweise Sesam und Sesampaste, Haferflocken, Kräuter, grüne Blattgemüse, Nüsse, Mandeln oder Bohnen. Auch stark kalziumhaltiges Mineralwasser sowie mit Kalzium angereicherte Fruchtsäfte oder Soja-Drinks sorgen für eine gute Kalziumversorgung.

  • Vitamin D
  • Vitamin D benötigt der Körper für die Verwertung des mit der Nahrung aufgenommenen Kalziums. In der Nahrung findet es sich unter anderem in Milchprodukten, Eigelb oder fettem Fisch. Außerdem sind die Hautzellen des menschlichen Körpers in der Lage, durch die Einwirkung von UV-Licht Vitamin D zu bilden. Bereits ein zehnminütiger Aufenthalt im Freien und insbesondere in der Sonne reicht aus, um die erforderliche Tagesdosis Vitamin D zu generieren. Nach Rücksprache mit Ihrem Arzt ist auch die Einnahme von täglich zehn Mikrogramm Vitamin D als Nahrungsergänzung möglich.

  • Zink
  • Zink ist für die Zellteilung und den Stoffwechsel unerlässlich. Ohne Zink – das im Körper nur in sehr geringen Mengen vorhanden ist und auch nicht für längere Zeit gespeichert werden kann – könnte auch die Zeugung Ihres Babys nicht vonstattengehen. Vegetarierinnen und Veganerinnen haben mit ihrer Zinkversorgung bei einer vollwertigen, abwechslungsreichen Ernährung normalerweise keinerlei Probleme. Enthalten ist es beispielsweise in Vollkornprodukten, Naturreis, Hülsenfrüchten, Nüssen, Mandeln, Kürbis- und Sonnenblumenkernen sowie in Milch und Milchprodukten.

    Wichtig: Die Einnahme von Eisenpräparaten als Nahrungsergänzung kann die Zinkaufnahme reduzieren. Diesen Effekt können Sie durch den Verzehr von mehr zinkhaltigen Lebensmitteln kompensieren.

  • Eisen
  • Eisen ist für die Zellbildung, den Zellstoffwechsel, vor allem den Sauerstofftransport im Körper wichtig. Der über die Lunge aufgenommene Sauerstoff wird mit Hilfe von Eisen an das Hämoglobin – den roten Blutfarbstoff – gebunden. Gleichzeitig gelangt Eisen mit dem Blut in den gesamten Körper und wirkt an der Energiegewinnung in den Zellen mit. Normalerweise befindet sich der Eisenstoffwechsel in einer ausgewogenen Balance, die in der Schwangerschaft jedoch schnell verloren gehen kann. Der Grund dafür liegt in der Zunahme der Blutmenge, die im Verlauf der Schwangerschaft um bis zu zwei Liter steigen kann. Hierdurch wächst auch der Eisenbedarf von Schwangeren. Die meisten Frauen entwickeln unabhängig von ihrer Ernährungsform während ihrer Schwangerschaft einen Eisenmangel und erhalten Eisentabletten als Nahrungsergänzungsmittel.

    Wichtig: Die zusätzliche Einnahme von Eisen darf nur auf ärztliche Anweisung und bei einem diagnostizierten Eisenmangel erfolgen. Überschüssiges Eisen wird im Körper nicht abgebaut, sondern in den inneren Organen eingelagert, was zu erheblichen Blutbildungsstörungen, Organschäden und im Extremfall zu Organversagen führen kann.

    Die wichtigsten Eisenlieferanten sind Fleisch, Fisch und Eier, jedoch ist das Spurenelement auch in vielen pflanzlichen Lebensmitteln enthalten. Hülsenfrüchte, dunkles Blattgemüse, Vollkornerzeugnisse, Hirse, getrocknete Früchte und Tofu sind hervorragende Eisenquellen. Allerdings wird Eisen aus pflanzlichen Produkten im Körper schlechter resorbiert, so dass Lebensmittel mit hohem Eisengehalt reichlich und regelmäßig genossen werden sollten.

    Die Aufnahme von Eisen wird durch Vitamin C gefördert, der Verzehr koffeinhaltiger Getränke während der Mahlzeiten vermindert dagegen die Eisenresorption.

    Veganerinnen in der Schwangerschaft: Ernährungsplanung und regelmäßige Checks

    Veganerinnen sollten in der Schwangerschaft eine besonders bewusste Ernährungsplanung praktizieren, ihr Ernährungswissen auffrischen und auf möglichst vielseitige Lebensmittelkombinationen achten. Auch eine Ernährungsberatung durch Ihren Arzt, Ihre Hebamme oder einen Ökotrophologen kann hier sinnvoll sein. Allerdings raten viele Frauenärzte, in der Schwangerschaft von einer streng veganen Lebensweise auf eine ovo-lactische vegetarische Ernährung umzusteigen – überzeugte Veganerinnen müssen hier also durchaus mit Argumenten gegen ihre Ernährungsentscheidung rechnen.

    Im Rahmen der Schwangerschaftsvorsorge wird der Hämoglobingehalt des Blutes regelmäßig überprüft, zu niedrige Werte verweisen fast immer auf einen Eisenmangel. Veganerinnen sollten während ihrer Schwangerschaft mindestens einmal alle weiteren Blutwerte bestimmen lassen, die Aufschluss über ernährungsbedingte Mangelzustände geben.

    Schnellüberblick: Vegetarisch-vegan in der Schwangerschaft?

    • Die meisten Frauenärzte empfehlen in der Schwangerschaft eine Ernährung, in der sich – bei eher geringem Fleischverzehr – pflanzliche und tierische Lebensmittel die Waage halten.
    • Eine vegetarische oder vegane Ernährung kann jedoch auch in der Schwangerschaft beibehalten werden.
    • Durch eine ovo-lactische vegetarische Ernährung mit Eiern, Milchprodukten und eventuell auch Fisch erhalten die werdende Mutter und das Baby alle Nährstoffe, Vitamine und Spurenelemente, die ihr Körper braucht. Abgesehen von Folsäure sowie eventuell Jod und Eisen kann auf Nahrungsergänzungsmittel meist verzichtet werden.
    • Für Veganerinnen sind in der Schwangerschaft Ernährungsplanung und vielseitige Lebensmittelkombinationen besonders wichtig. Vitamin B12 müssen sie zwingend als Nahrungsergänzung einnehmen, da dieses für das Baby lebenswichtige Vitamin in pflanzlichen Lebensmitteln kaum enthalten ist.
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