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Nahrungsergänzungsmittel in der Schwangerschaft

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Nahrungsergänzungsmittel für die Schwangerschaft gibt es auf dem Markt in großer Vielfalt. Viele werdende Mütter meinen, dass sie ihrem Baby damit etwas besonders Gutes tun. Als Nahrungsergänzung in der Schwangerschaft unverzichtbar sind jedoch nur wenige Substanzen.

Ein Forscherteam des Lehrstuhls für Ernährungsmedizin der TU München hat im Jahr 2010 eine Studie vorgelegt, deren Thema die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln in Deutschland war. Demnach nahmen 28 Prozent der Studienteilnehmer mindestens ein Nahrungsergänzungsmittel zu sich. Unter schwangeren Frauen waren es dagegen 97 Prozent. In unabhängigen Tests erhalten die meisten Nahrungsergänzungsmittel für die Schwangerschaft jedoch keine guten Noten. Vor allem bei Kombinationspräparaten spielt hier auch eine Rolle, dass ihre Wirkstoffe nicht nach dem Gießkannenprinzip eingenommen werden sollten.

Durch eine gesunde und abwechslungsreiche Vollwertkost erhalten Schwangere so gut wie alle Nährstoffe, Vitamine, Mineralien und Spurenelemente, die sie für sich und ihr Baby brauchen. Ausnahmen bilden nur einige wenige Wirkstoffe, die für die organische Entwicklung des Kindes von essentieller Bedeutung sind. Generell gilt, dass nicht nur Medikamente, sondern auch Nahrungsergänzungsmittel in der Schwangerschaft individuell verordnet und nicht ohne vorherige Beratung durch Arzt oder Hebamme verwendet werden sollten.

Folsäure – das wichtigste Nahrungsergänzungsmittel in der Schwangerschaft

An allererster Stelle der Substanzen, die als Nahrungsergänzungsmittel in der Schwangerschaft unverzichtbar sind, steht Folsäure (Vitamin B9, B11, Folat). Als Folsäure wird die synthetisch hergestellte Variante dieses Vitamins bezeichnet. Natürliches Folat kommt beispielsweise in grünem Blattgemüse, Hefe, Stein- und Hülsenfrüchten sowie Vollkornerzeugnissen vor.

Im menschlichen Körper ist Folsäure unter anderem für die Blutbildung und die Bildung der Hormone Noradrenalin und Serotonin wichtig. Das Vitamin spielt eine wesentliche Rolle bei der Zusammensetzung der DNA und der Rückenmarksflüssigkeit. Außerdem unterstützt es wichtige Gehirnfunktionen. Das ungeborene Baby benötigt Folsäure für eine ungestörte Entwicklung seines Gehirns, seines Nervensystems und anderer Körpergewebe.

Ein Folsäuremangel in der frühen Schwangerschaft kann schwere Neuralrohrdefekte des Babys nach sich ziehen. Das Neuralrohr ist die erste Entwicklungsstufe des kindlichen Nervensystems. Es bildet sich am Übergang zwischen 4. und 5. Schwangerschaftswoche. Gegen Ende der 6. Schwangerschaftswoche wird es sich allmählich schließen. Ab diesem Zeitpunkt werden die Nervenstränge des Rückenmarks durch die Rückenmarkshäute, Bindegewebe und die Wirbelkörper vor äußeren Einwirkungen geschützt. Falls sich das Neuralrohr nicht vollständig schließt, entsteht ein sogenannter „offener Rücken“ (Spina bifida). Bei schwach ausgeprägten, „verborgenen“ Formen (Spina bifida occulta) sind lediglich die Wirbelkörper zweigespalten, ohne ihre Schutzfunktionen zu verlieren. Bei einer sichtbaren Spina bifida treten entweder die Rückenmarkshäute oder auch das Rückenmark durch den Wirbelspalt nach außen, woraus schwere Nervenschädigungen resultieren können. Zum Teil treten zusammen mit einer Spina bifida Abflussstörungen des Hirnwassers auf, so dass ein Hydrozephalus („Wasserkopf“) entsteht.

Statistisch gesehen kommt ein „offener Rücken“ bei 1 bis 1,5 Neugeborenen pro 1.000 Geburten vor. Eine ausreichende Versorgung mit Folsäure im ersten Schwangerschaftstrimester beugt dieser Entwicklungsstörung wirksam vor – das Risiko für eine Spina bifida wird hierdurch um etwa 70 Prozent geringer.

Wieviel Folsäure sollten Schwangere zu sich nehmen?

In der frühen Schwangerschaft liegt der Gesamtbedarf an Folsäure/Folat bei mindestens 600 Mikrogramm pro Tag. Diese Menge mit der Nahrung aufzunehmen, gestaltet sich auch bei einer an Folat reichen Ernährung schwierig – durch Kochen werden zwischen 70 und 90 Prozent des natürlichen Vitamins zerstört.

Im ersten Schwangerschaftstrimester empfehlen Gynäkologen und Ernährungsmediziner die zusätzliche Einnahme von 400 Mikrogramm Folsäure täglich. Bei Frauen, die bereits ein Kind mit einem Neuralrohrdefekt geboren haben, liegt die empfohlene Tagesdosis zehn Mal höher und damit bei vier Milligramm.

Frauen, die schwanger werden möchten, sollten mit der Einnahme von Folsäure bereits im Vorfeld einer geplanten Schwangerschaft beginnen. Zwischen der 4. und 6. Schwangerschaftswoche – also dann, wenn Folsäure für die Entwicklung des Babys besonders wichtig ist – wissen viele Frauen noch gar nicht, dass sie schwanger sind. Zudem benötigt der Körper zwei bis drei Monate Vorlaufzeit, um leere Folsäurespeicher wieder aufzufüllen: Wenn innerhalb von vier Wochen ein ausreichender Folsäurespiegel erreicht werden soll, müssen täglich 800 Mikrogramm des Vitamins als Nahrungsergänzung eingenommen werden.

Folsäure in der späteren Schwangerschaft

In der medizinischen Schwangerschaftsbegleitung galt für lange Zeit die Regel, dass zusätzliche Folsäuregaben ab der 13. Schwangerschaftswoche nicht mehr nötig sind. Inzwischen verordnen viele Gynäkologen dieses Nahrungsergänzungsmittel bis zur Geburt und empfehlen, die Einnahme von Folsäure auch in der Stillzeit fortzusetzen.

Eine ausreichende Folsäureversorgung beugt nicht nur Neuralrohrdefekten vor, sondern vermindert während der gesamten Schwangerschaft das Risiko für Fehl- und Frühgeburten, Plazentaablösungen und eine zu geringe Gewichtszunahme des Kindes. Die Entwicklung von Gehirn, Nervensystem und Körpergeweben des Kindes wird durch Folsäure während der gesamten Schwangerschaft unterstützt. Studien zeigen, dass Neugeborene auch dann einen ausreichend hohen Folsäurespiegel haben, wenn ihre Mutter unter einem Folsäuremangel leidet, der sich in Blutarmut, Kreislaufproblemen, Zahnfleischproblemen und anderen Schleimhautschädigungen äußern kann.

Gesundheitliche Gefährdungen durch eine Überdosierung des Vitamins können nicht entstehen. Überschüssige Folsäure wird vom Körper wieder ausgeschieden,

Jod als Nahrungsergänzung in der Schwangerschaft

Neben Folsäure gehört auch Jod zu den Spurenelementen, die für eine gesunde Entwicklung des Babys und für einen ungestörten Verlauf der Schwangerschaft unverzichtbar sind. Jod ist ein Bestandteil der Schilddrüsenhormone – rund 70 bis 80 Prozent des mit der Nahrung aufgenommenen Jods werden dort verbraucht. Der Körper benötigt von außen zugeführtes Jod, um diese Hormone aufzubauen. In der Schwangerschaft ist eine ausreichende Jodversorgung auch für das Wachstum und die Knochenbildung, die Entwicklung von Gehirn und Nervensystem sowie für den Energiestoffwechsel des ungeborenen Kindes wichtig. Viele Gynäkologen und Ernährungsmediziner empfehlen, auch in der Stillzeit Jod als Nahrungsergänzung einzunehmen.

Die Schilddrüse des Babys nimmt in der 14. Schwangerschaftswoche ihre Arbeit auf. Bereits ab der 10. Schwangerschaftswoche beginnt das entstehende Schilddrüsengewebe des Kindes damit, Jod zu speichern. Ein Jodmangel in der Schwangerschaft erhöht das Risiko für schwerwiegende Entwicklungsstörungen des Kindes sowie für Früh-, Fehl- und Totgeburten. Bei der werdenden Mutter kann sich durch einen Mangel an diesem Spurenelement eine Schilddrüsenunterfunktion oder eine Schilddrüsenvergrößerung (Struma, Kropf) entwickeln.

Wie hoch ist der Jodbedarf in der Schwangerschaft?

Gesunde Erwachsene benötigen pro Tag etwa 200 Mikrogramm Jod. In der Schwangerschaft liegt der Tagesbedarf bei 230 bis 260 Mikrogramm.

Natürliches Jod kommt in fast allen Lebensmitteln vor, allerdings meist nur in geringen Mengen. Ausgezeichnete Jodlieferanten sind Seefisch und Meeresfrüchte, die mindestens zwei Mal wöchentlich auf dem Speisezettel stehen sollten (ausschließlich in gegartem Zustand – aus dem Verzehr von rohem Fisch können gesundheitliche Folgen für das Baby resultieren). Auch jodiertes Speisesalz sowie jodsalzhaltige Produkte tragen zu einer ausreichenden Jodversorgung bei. Die zusätzliche Einnahme eines Jodpräparates komplettiert in der Schwangerschaft eine gesunde, ausgewogene Ernährung. Besonders wichtig ist Jod als Nahrungsergänzung in der Schwangerschaft für Veganerinnen, da rein pflanzliche Kost sehr jodarm ist.

Die Dosierung von Jod als Nahrungsergänzung in der Schwangerschaft sollte immer mit dem Arzt oder der Hebamme besprochen werden, da auch eine Überversorgung mit Risiken verbunden ist. Beispielsweise kann hierdurch bei der Mutter eine Überfunktion der Schilddrüse entstehen. Befürchtungen, dass zu viel Jod in der Schwangerschaft gesundheitliche Gefahren für das Baby birgt, die sich erst im späteren Leben – beispielsweise durch Hyperaktivität, verstärkte Aknebildung in der Pubertät oder Autoimmunerkrankungen – zeigen, ist wissenschaftlich nicht belegt und aus medizinischer Sicht umstritten.

Kalzium, Vitamin D, Magnesium, Vitamin-B-Komplex – manchmal als Nahrungsergänzung nötig

An der Frage, ob werdende Mütter zusätzliches Kalzium und Vitamin D benötigen, scheiden sich in der Medizin die Geister. Eine ausreichende Kalziumversorgung ist für die Wachstum und Skelettentwicklung des Babys wichtig. Bei der Mutter kann ein Kalziummangel in der Schwangerschaft beispielsweise zu Zahnverlusten führen. Empfohlen wird in der Schwangerschaft eine tägliche Kalziummenge von 1.000 bis 1.200 Milligramm pro Tag. Normalerweise wird dieser Bedarf jedoch durch die Nahrung abgedeckt. Kalziumreiche Lebensmittel sind beispielsweise Milch und Milchprodukte, Nüsse und grüne Blattgemüse. Auch in vielen Mineralwassersorten sind größere Mengen Kalzium enthalten.

Vitamin D sorgt dafür, dass der Körper Kalzium und einige andere Spurenelemente verwerten kann. Es ist das einzige Vitamin, das im Körper selbst gebildet werden kann. Es entsteht in der Haut durch die Einwirkung von UV-Licht. Schon zehn Minuten Aufenthalt im Freien reichen aus, um ausreichend körpereigenes Vitamin D zu generieren. In der Nahrung kommt Vitamin D vor allem in Milchprodukten und Eigelb vor. Eine ausgewogene Ernährung und regelmäßige Spaziergänge reichen normalerweise aus, um den Bedarf an Vitamin D zu decken. Als Nahrungsergänzung kann es beispielsweise in Form von Fischölkapseln eingenommen werden. Berichte, dass sich durch ein Vitamin-D-Mangel in der Schwangerschaft das Risiko für einen Schwangerschaftsdiabetes, Präeklampsie („Schwangerschaftsvergiftung“) oder eine Frühgeburt erhöht, wurden durch wissenschaftliche Studien bisher nicht bestätigt. Bei Anzeichen eines Vitamin-D-Mangels ist neben der vom Hausarzt angeordneten Untersuchung eventuell auch ein Vitaminmangel Selbsttest für zuhause ratsam.

Magnesium ist für das Funktionieren von Nerven und Muskeln sowie das Immunsystem des Körpers unverzichtbar. Ab der 22. Schwangerschaftswoche erhöht sich allmählich der Magnesiumbedarf, der dann bei etwa 310 bis 350 Mikrogramm täglich liegt. Hier gilt, dass sich das Baby aus dem mütterlichen Organismus die Magnesiummenge holt, die es für seine Entwicklung braucht. Bei der Mutter kann daraus ein Magnesiummangel resultieren, der sich beispielsweise durch Muskelkrämpfe, Müdigkeit/Erschöpfung, depressive Verstimmungen oder Migräne äußert. Während der Stillzeit steigt der tägliche Magnesiumbedarf auf 390 Milligramm. Magnesium als Nahrungsergänzungsmittel wird der Arzt nur verordnen, wenn es Anzeichen für einen Mangelzustand gibt. Natürliches Magnesium findet sich in größeren Mengen in Fleisch, Fisch, Vollkorn- und Milchprodukten, Nüssen und grünen Blattgemüsen.

Die Vitamine des Vitamin-B-Komplexes wirken im Körper als sogenannte Coenzyme und sind damit für viele Stoffwechselvorgänge wichtig. Sie kommen beispielsweise in Kartoffeln, Milch, Getreideprodukten und insbesondere Vollkornerzeugnissen vor. Ein Mangel daran ist in den westlichen Industrieländern ausgesprochen selten. In der Schwangerschaft kann vor allem ein Vitamin-B12-Mangel eine Rolle spielen. Anders als die anderen Vertreter des Vitamin-B-Komplexes ist Vitamin B12 fast ausschließlich in tierischen Lebensmitteln (Fleisch, Fisch, Eier und Milchprodukte) enthalten. Veganerinnen müssen es in der Schwangerschaft daher als Nahrungsergänzungsmittel zu sich nehmen.

Bei welchen Nahrungsergänzungsmitteln ist in der Schwangerschaft Vorsicht angesagt?

Bei vielen anderen Nahrungsergänzungsmitteln ist in der Schwangerschaft eher Vorsicht angesagt. Bei fettlöslichen Vitaminen – beispielsweise Vitamin A (Retinol), E und K – werden überschüssige Mengen in den Fettdepots des Körpers abgespeichert. Überdosierungen können für Mutter und Kind gesundheitliche Risiken bergen. Überschüssiges Eisen wird in den inneren Organen der Schwangeren und auch des Babys eingelagert und kann dort auf lange Sicht gefährlich werden.

Bei diesen und vielen anderen Wirkstoffen ist eine individuelle Verordnung daher besonders wichtig. Beispielsweise wird im Rahmen der Schwangerschaftsvorsorge regelmäßig der Eisengehalt des Blutes kontrolliert, um einen Eisenmangel frühzeitig zu erkennen und durch Nahrungsergänzungsmittel zu beheben.

Fazit:

  • Folsäure ist ein unverzichtbares Nahrungsergänzungsmittel in der Schwangerschaft. Mit ihrer Einnahme kann bereits zur Vorbereitung auf die Schwangerschaft begonnen werden.
  • Viele Frauenärzte raten auch dazu, Jod in der Schwangerschaft als Nahrungsergänzungsmittel zu verwenden.
  • Die meisten anderen Nahrungsergänzungsmittel sind in der Schwangerschaft nicht unbedingt erforderlich. Einige von ihnen können bei Überdosierungen sogar schädlich wirken.
  • Nahrungsergänzungsmittel in der Schwangerschaft sollten grundsätzlich nur auf Empfehlung des Arztes oder einer Hebamme und auf der Grundlage einer individuellen Verordnung eingenommen werden.
  • Veganerinnen lassen sich am besten schon im Vorfeld einer Schwangerschaft zu den für sie erforderlichen Nahrungsergänzungsmitteln beraten, da einige wichtige Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente in pflanzlichen Lebensmitteln nicht oder nur in sehr geringem Maß enthalten sind.
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