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Neurodermitis bei Babys und Kindern

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Das Beruhigendste gleich vorab: Neurodermitis ist nicht ansteckend. Sie ist eine der häufigsten chronischen Hauterkrankungen. In Deutschland wird die Zahl der Menschen mit Neurodermitis auf drei Millionen geschätzt, wobei aber eine hohe „Dunkelziffer“ besteht. Rund zwei Drittel der Betroffenen sind Kinder und Jugendliche.

von Claudia Sarkady

Neurodermitis wird in der Fachsprache auch als atopische Dermatitis oder atopisches Ekzem bezeichnet. Der Begriff „atopisch“ beschreibt das typische Symptom der Neurodermitis: die an beliebigen Stellen auftretenden Rötungen der Haut als Sofortreaktion auf eine Substanz. In vielen Fällen beginnt die Neurodermitis schon im Säuglings- oder Kleinkindalter, verschwindet aber bei mehr als der Hälfte der Babys in den ersten zwei Lebensjahren. Bei weiteren 20 Prozent der Kinder verlieren sich die neurodermitischen Symptome vor der Pubertät. Es kommt nur selten vor, dass die Erkrankung sich erst bei Jugendlichen oder Erwachsenen ausbildet oder bis ins Erwachsenenalter bestehen bleibt.
 

Ursachen und Auslöser

Der Erkrankung liegen erbliche Faktoren zugrunde, insbesondere die Veranlagung zu Überempfindlichkeitsreaktionen der Haut und der Schleimhäute sowie zu Allergien. Konkret ist dies eine Störung der Schutzfunktion der Haut (Hautbarriere), die dadurch leicht austrocknet und anfällig für äußere Einflüsse wird. Erst wenn zu den erblichen Faktoren bestimmte Auslöser (Trigger) hinzukommen, führt dies zum sichtbaren Auftreten von Symptomen. Auslöser der Neurodermitis sind in erster Linie Allergien auslösende Substanzen, sogenannte Allergene. So erklärt es sich, dass viele Kinder mit Neurodermitis besonders während der Pollensaison einen Ausschlag entwickeln. Auch bestimmte Nahrungsmittel (z. B. Kuhmilch oder Hühnereier), Kosmetika, Tierhaare, Hausstaubmilben, Pollen, Tabakrauch und Duftstoffe können Neurodermitisschübe auslösen. Extreme Kälte und Trockenheit können ebenfalls eine Triggerwirkung haben. Durch die Abhängigkeit von den Auslösern entsteht der schubweise Verlauf der Krankheit.

Die Kinder leiden unter den Symptomen, sind unruhig und gereizt oder und ziehen sich zurück – es entsteht seelischer Stress. Gleichzeitig können aber seelische Probleme und Konfliktsituationen wiederum Schübe stimulieren oder die Beschwerden erheblich verschlimmern. So entsteht ein Teufelskreis, den es aufzulösen gilt. Mit geduldiger und systematischer Beobachtung wird es Ihnen möglich sein zu erkennen, welche Faktoren die Neurodermitis auslösen, um so schließlich Ihr Kind von den lästigen Symptomen zu befreien.
 

Symptome der Neurodermitis und Unterscheidung von Psoriasis

Ein äußeres Merkmal für eine Disposition zur Neurodermitis ist u.a. eine doppelte untere Lidfalte (Dennie- Morgan- Falte). Bei Säuglingen zeigt sich die Neurodermitis meist als so genannter Milchschorf mit geröteter und verschorfter Kopfhaut und einem Ausschlag im Gesicht, am Hals und hinter den Ohren. Im zweiten Lebensjahr sind vor allem Kniekehlen, Ellenbeugen, Handgelenke, Hals, manchmal Brust und Rücken, selten die Extremitäten betroffen. Besonders mit der trockeneren Heizungsluft in der kalten Jahreszeit wird der Juckreiz meist noch stärker. Etwa jedes zweite an Neurodermitis erkrankte Kind hat auch Asthma oder allergischen Schnupfen. Während eines Krankheitsschubes bilden sich unscharf begrenzte, rote und teilweise nässende Flecken. Es entstehen gerötete Knötchen und Bläschen, die leicht aufplatzen und wunde Stellen hinterlassen, über denen sich nach einigen Tagen gelbliche Krusten bilden. Die Haut verdickt sich an den Entzündungsherden, sie wird rissig und eitert.

Neurodermitis oder Schuppenflechte?
Im Gegensatz zur – ebenfalls nicht ansteckenden – Neurodermitis ist die Schuppenflechte (Psoriasis) eine überaktive Produktion von Hautzellen, die sich durch Schuppenbildung zeigt. Auch aufgrund der typischerweise anderen Hautstellen, die erkranken, und des Erscheinungsbildes, ist für den Facharzt die eindeutige Unterscheidung zwischen Neurodermitis und Psoriasis in der Regel ohne weiteres möglich.

Vorbeugung und Pflege – das können Sie selbst machen

Die beste Vorbeugung ist das aufmerksame Verhalten der Eltern. Wie bei allen Allergien ist es das Wichtigste, bekannte Auslöser zu meiden. Rauchen Sie keinesfalls in Anwesenheit Ihres Kinds, lüften Sie regelmäßig und halten Sie die Raumtemperatur eher kühl. Kratzen verschlimmert die Beschwerden nur: Der Juckreiz verstärkt sich, die Krusten reißen auf und die Haut blutet oder es entstehen chronisch entzündliche Stellen. Es ist ratsam, eine übertriebene Hygiene zu vermeiden, denn die schwächt das schon beeinträchtigte Schutzsystem der Haut noch zusätzlich. Das Kind sollte nur ein- bis zweimal die Woche und nicht zu heiß oder zu lange zu baden bzw. zu duschen. Verwenden Sie keine Seife oder parfümierten Schaumbadezusätze, sondern rückfettende Ölbäder. Die Haut darf beim Trocknen nicht abgerubbelt werden, sondern muss durch sanftes Abtupfen oder noch besser einfach an der Luft langsam trocknen. Benützen Sie zum Haarewaschen ein sehr mildes Shampoo und cremen Sie das Kind nach dem Baden mit reizarmen, parfümfreien Produkten ein, um den Juckreiz zu lindern.

Hier die wichtigsten Alltagstipps, wie Sie Ihr Kind effektiv vor Neurodermitis schützen oder die Beschwerden lindern können.

Diese äußeren Einflüsse sollten Sie unbedingt vermeiden:

  • Stress und psychische Belastung / Überreizung
  • kratzende bzw. luftundurchlässige Kleidung aus Wolle bzw. Synthetikfasern
  • trockene Heizungsluft
  • kalte Winterluft
  • Tabakrauch
  • scharfe Reinigungsmittel und Seifen
  • zu viel Waschmittel (auf Weichspüler ganz verzichten)
  • Kosmetika mit sog. Emulgatoren (Bindemittel für Wasser und Fett) und Konservierungsmitteln
  • Nahrungsmittel mit hohem Allergenpotenzial (z. B. Milchprodukte, Nüsse, Zitrusfrüchte)
  • Lebensmittelfarben, Aromastoffe (auch die „natürlichen“!) und Konservierungsstoffe
  • scharfe Gewürze

Die Bekleidung sollte aus Baumwolle oder Seide und luftdurchlässig sein. Ziehen Sie Ihr Kind nicht zu warm an. Günstig sind Aufenthalte am Meer und das Baden in salzhaltigem Wasser. Auch die Ernährung sollte ausgewogen sein. Stark entzündete Hautstellen müssen u. U. kurzzeitig mit einer niedrig dosierten Kortisoncreme behandelt werden. Bei psychischen Problemen als Auslöser helfen Entspannungstechniken. Für „Risikosäuglinge“ wird empfohlen, sie möglichst sechs Monate oder besser noch länger zu stillen. Achten Sie darauf, dass die Fingernägel des Kinds immer kurz geschnitten, rund gefeilt und sauber sind, da sonst durch das Kratzen die Gefahr einer bakteriellen Infektion besteht. Nachts kann man dem Baby oder Kleinkind evtl. dünne Baumwollhandschuhe anziehen, um es am Kratzen zu hindern. Für kleine Kinder gibt es auch spezielle Neurodermitisoveralls mit eingearbeiteten Handschuhen.

Grundlage der äußerlichen Neurodermitisbehandlung ist die Pflege mit Salben, Cremes, milden Bädern und reizhemmenden Umschlägen (Basispflege). Ziel der Basispflege ist die Stärkung und Stabilisierung der überreizten, ausgetrockneten Haut. Gut bewährt haben sich körperwarme Bäder mit öligen Emulsionen, feuchte Umschläge mit Schwarztee sowie wasserhaltige Cremes und Salben.

Gerade der Aspekt der psychischen Überreizung muss von den Eltern immer wieder kritisch bedacht und beobachtet werden. Eine ruhig vorgelesene Geschichte ist ganz besonders für sensible Kinder wesentlich besser zu verarbeiten, als mancher „kindergerechte“ Film, der in vielen Fällen zu schnell, zu hektisch oder oft auch zu aggressiv ist und zu wenig Zeit für die seelische Verarbeitung bietet.
 

Verzichten Sie nicht auf ärztliche Hilfe

Suchen Sie in jedem Fall bei Verdacht auf Neurodermitis einen Arzt auf, der individuelle Therapien festlegt. Insbesondere wenn entzündete Stellen zu eitern beginnen oder Fieber auftritt, müssen Sie unverzüglich einen Arzt aufsuchen. Im letzten Jahrzehnt ist die Forschung über die Ursache der Neurodermitis einen großen Schritt weitergekommen, dies kann aber eine gründliche Diagnosearbeit nicht ersetzen. Eine nachhaltige Behandlung der Neurodermitis erfordert eine systematische und ausgesprochen zeitaufwendige Diagnosearbeit durch einen Facharzt. Dabei gilt es, in mehreren Schritten herauszufinden, welche Substanzen die Neurodermitis auslösen. Da dies bei jedem Kind andere Auslöser sein können, dauert eine wirklich qualifizierte Diagnose oft mehrere Wochen oder sogar Monate. Die aufmerksame und geduldige Mitarbeit der Eltern ist dabei sehr wichtig. Erst wenn die Auslöser identifiziert sind, kann ein individueller Diät- und Therapieplan erstellt werden, mit dem Aussicht auf Erfolg besteht. Die Therapie muss speziell auf Ihr Kind abgestimmt werden und richtet sich jeweils nach dem Erscheinungsbild der Erkrankung.
 

Vertrauen Sie auf die Natur

„Medicus curat – natura sanat“ (Der Arzt behandelt – die Natur heilt) diese alte Wahrheit, die Hippokrates, dem berühmten Arzt der Antike zugeschrieben wird, gilt ganz besonders auch für die Neurodermitis. Seien Sie deshalb einerseits vorsichtig und kritisch mit Mitteln und Methoden, die eine schnelle und vollständige Heilung versprechen, denn aufgrund der genetischen Disposition ist Neurodermitis nicht mit dem bisher bekannten Wissen heilbar. Andererseits zeigt – wie eingangs dargestellt – die Erfahrung, dass trotzdem ein erheblicher Anteil der betroffenen Kinder mit den Jahren buchstäblich aus der Neurodermitis herauswächst. Die Orientierung an der und das Vertrauen auf die Natur, sei es mit der Lebensweise, der Ernährung, der Auswahl der Umgebung oder der Behandlung, sind gute Wegbegleiter um die Neurodermitis ganz erheblich zu reduzieren – im Idealfall bis zur Bedeutungslosigkeit.
 

Literaturtipps

Neurodermitis – Atopisches Ekzem
Johannes Ring
ISBN-13: 9783131466617
39,99 €

Jutta juckt’s nicht mehr – Hilfe bei Neurodermitis – ein Sachbuch für Kinder und Erwachsene
Anna Maria Cavini Hedda Christians Sigrun Eder
ISBN-13: 9783902647122
19,90 €

Neurodermitis: 100 Fragen – 100 Antworten
Peri Caucig Isabel Fell Esther von Stebut-Borschitz
ISBN-13: 9783934410886
14,00 €

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